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Sind E-Fuels für Autos Blödsinn?

Synthetisches Benzin (E-Fuels)klingt nach einer super Lösung. Fast alle bestehenden Autos können es nutzen, sie sind umweltfreundlich und eine neue Infrastruktur benötigen sie auch nicht. Das versuchen uns manche Politiker und Lobbys einzureden, obwohl die Wissenschaft was anderes sagt. Sascha und Don sind irritiert. Um es vorsichtig auszudrücken.

E-Fuels sind ein klassisches Zombie-Thema. Immer, wenn man denkt, dass man es endlich tot diskutiert hat, taucht es wieder auf. So auch in den letzten Wochen, in denen manche Partei von “Technologieoffenheit” redet und dabei immer wieder argumentiert, dass man mit E-Fuels die E-Mobilität ergänzen oder gleich ganz ablösen kann. Dabei vergisst man allerdings zu erwähnen, dass E-Fuels gewaltige Nachteile haben und ein großflächiger Einsatz in der Massenmobilität komplett sinnlos ist.

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Damit wir uns nicht falsch verstehen. Wie brauchen E-Fuels. Zum Beispiel im Schwerlastverkehr, für Flugzeuge (als Bio-Kerosin) oder auch für Schiffe. Und ja, auch im Motorsport oder für die Nutzung von historischen Autos werden E-Fuels eine wichtige Rolle spielen. Doch in der Massenmobilität, also dem tagtäglichen Einsatz von Autos auf der gesamten Welt, sind E-Fuels denkbar schlechteste Lösung.

Das fängt schon damit an, dass der Wirkungsgrad von E-Fuels erschreckend gering ist. Während bei einem Elektroauto rund 70 Prozent der zur Verfügung gestellten Energie am Ende auch für den Antrieb genutzt werden können, sind es bei den E-Fuels nur 15 Prozent. Damit haben E-Fuels den mit weitem Abstand schlechtesten Wirkungsgrad, den es bei den momentan verfügbaren Antriebstechnologien gibt. Man benötigt die fünf- bis sechsfache Menge an Energie, um mit E-Fuels die gleiche Strecke wie mit einem E-Auto zurückzulegen.

Aber das Argument der Befürworter lautet, dass die Effizienz eines Kraftstoffs keine Rolle spielt, solange dieser mit grüner Energie hergestellt werden kann. Wind und Sonne sind ja genug da, da stört am Ende nicht, wie viel grüner Kraftstoff hergestellt und verbraucht wird, solange alles klimaneutral passiert. Doch eine Studie des Umweltbundesamts kommt zu dem Schluss, dass gerade die Herstellung und der Transport der E-Fuels aus weit entfernten Ländern alles andere als eine positive Ökobilanz nach sich ziehen.  (Link siehe unten)

Das gravierendste Argument gegen E-Fuels ist, neben dem katastrophalen Wirkungsgrad, aber die die Herstellung selbst. Um E-Fuels herstellen zu können, benötigt man Wasserstoff, dieser wird dann mit Kohlendioxid (CO₂) anreichert und weiter chemisch bearbeitet. Da gibt es dann gleich zwei Probleme. Die Gewinnung von CO₂ aus der Luft ist aufwendig und bisher kaum erprobt. Selbst wenn man diese Hürde irgendwann beseitigen sollte, gibt es dann noch das Argument, dass die Herstellung von Wasserstoff enorme Mengen an Energien verschlingt.

Die durchaus berichtigte Frage ist, warum man sehr viel Energie in die Herstellung von Wasserstoff stecken sollte, wenn man diese Energie besser für die Industrie und die Elektromobilität verwenden könnte. Tatsächlich ergibt es mehr Sinn, würde man einfach direkt den Wasserstoff nehmen und auf die Brennstoffzelle für Antrieb von Autos, Lkw, Flugzeugen oder Schiffen zu verwenden.

Ein weiteres Problem ist, dass man grün hergestellten Wasserstoff benötigt, wenn man grüne E-Fuels herstellen möchte. Doch der ist schon jetzt extrem knapp. Über 95 Prozent des in der EU hergestellten Wasserstoff stammt aus einer nichterneuerbaren Energiequelle wie Erdgas. Wir brauchen grünen Wasserstoff aber, um die Schwerindustrie von ihren Emissionen zu befreien. Stahlwerke, Zementfabriken oder Glashersteller sind zwingend auf grünen Wasserstoff angewiesen, damit die nötigen Klimaziele eingehalten werden können. Es ergibt absolut keinen Sinn, den wenigen grünen Wasserstoff zu benutzen, damit man seine Brötchen morgens mit dem Auto holt.

Gerne weisen die Befürworter darauf hin, dass man mit E-Fuels die Bestandsflotte an Autos auf einen Schlag “grün” bekommt. Allein in Deutschland gibt es rund 47 Millionen Autos mit Verbrennungsmotor. Es scheint utopisch, diese Flotte in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren abzubauen und zu verschrotten. E-Fuels würden das CO₂ der Flotte erheblich reduzieren. Doch auch hier gibt es zwei entscheidende Probleme:

  1. E-Fuels werden auch in den nächsten 10 Jahren nicht in der Menge verfügbar sein, um die Bestandsflotte zu betreiben. Weil es nicht genug grünen Wasserstoff gibt und weil der Bau der Anlagen zur Herstellung von E-Fuels nicht vorhanden sind.

  2. Die E-Fuel-Lobby unterschlägt die Kosten. Die Herstellung von synthetischem Benzin ist extrem teuer. Zu Beginn wird man von einem Literpreis von rund 4 Euro ausgehen müssen (ohne Steuern). Selbst bei einer Massenproduktion geht man davon aus, dass der Literpreis bei 2 bis 2.50 Euro liegen wird (auch hier ohne die Berücksichtigung der Steuern).

E-Fuels bieten also, abgesehen von einigen wenigen Einsatzbereichen, im Autoverkehr keine Lösung. Statt Investitionen in einen ineffizienten Kraftstoff zu stecken, sollte das Geld lieber in den Ausbau der lokalen erneuerbaren Energien und des Stromnetzes gesteckt werden. Die Elektromobilität scheint, bei allen bekannten Nachteilen, weiterhin die einzige Lösung zu sein, um die Mobilität klimaneutral zu gestalten.

  • E-Fuels zwischen Wunsch und Wirklichkeit
    "Gleichzeitig bleiben sie wenig energieeffizient, teuer und aller Voraussicht nach in den nächsten Jahrzehnten nur sehr begrenzt verfügbar. Deshalb müssen sie zielgerichtet produziert und genutzt werden. E-Fuels, die im Straßenverkehr zum Einsatz kommen, obwohl dort batterieelektrische Alternativen vorhanden sind, fehlen in den Sektoren, wo keine solchen Alternativen zur Verfügung stehen.

  • Können wir Kohlendioxid direkt aus der Luft fangen?
    Die meisten Projekte zur CO2-Abscheidung befinden sich im Entwicklungs- und Pilotstadium. Ihr größter Nachteil: Da in der Luft nur 0,04 Prozent Kohlendioxid enthalten sind, muss enorm viel Volumen durchgesiebt und gepumpt werden. Das allein verbraucht viel Energie – am besten natürlich regenerative. Andere Versuchsanlagen benutzen dazu noch Chemikalien, mit schädlichen Umweltauswirkungen.

  • E-Fuels sind nicht sinnvoll für den großflächigen Einsatz bei Pkw und Lkw
    Die weltweite erneuerbare Stromproduktion müsste im Vergleich zum heutigen Stand fast verdoppelt werden, um im Jahr 2050 einen weltweiten Anteil von zehn Prozent an grünem Wasserstoff und synthetischen Brenn- und Kraftstoffen einschließlich E-Fuels zu erreichen – letztere werden daher noch lange knapp und teuer sein.

  • E-Fuels - Aktueller Stand und Projektionen

    “E-Fuels aus den ersten Demonstrationsanlagen sind nicht für die kommerzielle Nutzung gedacht. Aus den Investitionen der Pilotanlage in Chile (Haru Oni, ~74 Mio. Dollar) würden sich Kosten von etwa 50 EUR pro Liter E-Fuel ergeben. Sobald sich die Produktion von E-Fuels in industriellem Maßstab mit Direct-Air-Capture etabliert, können sich zunächst Produktionskosten von etwa 2 EUR pro Liter8 einstellen”

Infografik der Woche

So schlecht sind E-Fuels.