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ARD & ZDF Versagen: Wo bleibt der Technik-Kompass im Fernsehen?

In einer Welt, in der digitale Transformation längst den Alltag durchdrungen hat, fehlt ausgerechnet an zentraler Stelle ein verlässlicher Orientierungspunkt: im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Während Mediatheken voller Shows, Dokumentationen und Spartenprogramme überquellen – von der Holzernte in Kanada bis zum x-ten Krimi – bleibt ein zentrales Thema auffallend unterrepräsentiert: Technik. Digitale Bildung. Aufklärung über die Welt von Smartphones, KI, Datenschutz oder Bürger-Apps. Kurzum: Alltagsrelevante Technikformate sucht man vergeblich.

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Dabei wäre gerade das Aufgabe der Öffentlich-Rechtlichen. Der Bildungsauftrag, verankert im Rundfunkstaatsvertrag, verpflichtet zur Information, Bildung und Orientierung – und das für alle Generationen. Doch wer heute wissen will, wie die elektronische Gesundheitskarte funktioniert, welche Smartphone-Modelle vertrauenswürdig sind oder was hinter Kürzeln wie DSA, DMA oder dem AI Act steckt, muss sich durch das Internet wühlen, auf der Suche nach halbwegs verlässlichen Quellen.

Das ist nicht nur mühsam, sondern in vielen Fällen auch riskant. Millionen Menschen in Deutschland sind auf digitale Dienste angewiesen – ob sie wollen oder nicht. Die digitale Gesundheitsakte, die Online-Steuererklärung, Bürger-Apps oder Onlinebanking: Wer hier nicht mitkommt, bleibt zurück. Besonders ältere Menschen, die nicht mit dem Internet aufgewachsen sind, stehen oft ratlos vor dieser neuen Realität. Und doch gibt es kein Format, das sie zuverlässig, niedrigschwellig und regelmäßig abholt.

Stattdessen dominieren Talkshows, Krimis und Showformate den Sendeplan. Technik und Digitalisierung? Wenn überhaupt, dann höchstens am Rand – in Formaten, die oft entweder zu populärwissenschaftlich, zu oberflächlich oder zu sehr an ein junges Publikum gerichtet sind. Dabei wäre es gerade jetzt nötig, ein Format zu schaffen, das die gesellschaftliche Bedeutung der Digitalisierung erklärt – fundiert, kritisch, verständlich.

Ein solches Format müsste nicht einmal viel kosten. Eine halbstündige Sendung im Monat, moderiert von einem vertrauten Gesicht, könnte ausreichen, um die größten Lücken zu schließen. Themen gäbe es genug: Was bedeutet der AI Act der EU für Verbraucher? Wie funktionieren autonome Fahrzeuge? Welche Risiken bergen soziale Netzwerke für ältere Menschen? Wie erkennt man Scam-Mails, Fake-Shops oder dubiose Apps? Wie funktioniert eine Bürger-ID oder eine sichere Zwei-Faktor-Authentifizierung?

Ein „Digital-Kompass“ im öffentlich-rechtlichen Fernsehen könnte genau das leisten: Aufklären, einordnen, erklären. Und das nicht als verstecktes Frühmorgen-Format auf einem Spartenkanal, sondern sichtbar und prominent platziert – gerne auch crossmedial verlängert, mit ergänzenden YouTube-Videos, Online-Ratgebern oder Mitmach-Angeboten wie einem „Internetführerschein für Silversurfer“.

Denn Digitalisierung betrifft längst nicht mehr nur Nerds oder junge Zielgruppen. Auch Menschen in den 30ern, 40ern oder 50ern kämpfen mit neuen Technologien – schlicht, weil sie im Alltag kaum noch Zeit finden, sich einzuarbeiten. Zwischen Beruf, Familie und Verpflichtungen bleibt wenig Raum, um zu verstehen, wie etwa KI-basierte Apps funktionieren oder welche Rechte man im digitalen Raum hat. Medienkompetenz wird zur Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe – doch wer vermittelt sie?

Die Antwort müsste lauten: ARD, ZDF & Co. Doch dort scheint man lieber an Reichweiten und Quoten zu denken, statt dem eigenen Kernauftrag gerecht zu werden. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk versteht sich selbst zunehmend als Unternehmen unter Wettbewerbsdruck – dabei sollte er gerade da ansetzen, wo der Markt versagt.

Es fehlt nicht an geeigneten Moderatorinnen und Moderatoren, es fehlt nicht an Expertinnen und Experten – und schon gar nicht an Themen. Was fehlt, ist der Wille, Digitalisierung zur gesellschaftlichen Pflichtaufgabe zu erklären. Und genau das ist sie: Wer Menschen allein lässt mit neuen Technologien, gefährdet nicht nur deren Teilhabe, sondern fördert auch Unsicherheit, Misstrauen und Desinformation.

Das digitale Zeitalter braucht aufgeklärte Bürgerinnen und Bürger – nicht nur junge TikTok-Nutzer, sondern auch Rentnerinnen mit Online-Arztterminen, Berufstätige mit digitalem Behördengang und Familien, die verstehen wollen, was mit ihren Daten passiert. Es braucht Menschen, die wissen, wie man Technik nutzt – und wo ihre Grenzen liegen. Dafür braucht es mediale Angebote, die informieren, ohne zu überfordern.

Die öffentlich-rechtlichen Sender hätten die Ressourcen, die Reichweite und die Glaubwürdigkeit, genau das zu leisten. Es ist höchste Zeit, dass sie diesen Auftrag wieder ernst nehmen.

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